Zu "Lieder von Freunden"

Freunde der Lieder von Lieder von Freunden wünschen sich ein paar Erläuterungen und Hintergründe dazu. Ich liefere sie hier gern nach:

01 „Bitte gib mir Feuer“ von Ulrich Roski. Im März des Jahres 2009 haben wir uns zu einem Konzert zum Andenken an Ulrich Roski im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin zusammengetan. Klaus Hoffmann, Jürgen von der Lippe, Joana, Inga und Wolf, Black, Lothar von Versen, kurz, seine alten Weggefährten. Und jeder hatte ein Lied von ihm beigetragen. Ich kannte Ulrich seit Menschengedenken – wir sind zusammen zur Schule gegangen – und habe mir ein Lied von ihm ausgesucht, das das Klischee unser beider Persönlichkeiten genial ins Absurde verkehrt. Manfred Leuchter und Ian Melrose haben mich bei diesem Konzert und dieser Aufnahme begleitet.

02 „Que sont devenues les fleurs“ von Pete Seger. Entstanden 1998 für eine Hommage an den großen Folksinger „The songs of Pete Seger“, eingespielt von insgesamt 38 Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt.

03 „Zauberland“ von Rio Reiser. Nachdem Rio mich im „König von Deutschland“ zu seinem Barden ernannt hat, war mir klar, dass ich besser sein Repertoire beherrschen sollte. Dies hier ist mein Lieblingslied von Rio, ich hätte es ihm so gern vorgesungen.

04 „Wölfe mitten im Mai“ von Franz Josef Degenhardt. 1964 bin ich ihm zum ersten Mal begegnet, wir alle haben ihn bewundert, und uns allen hat er den Weg gezeigt. 50 Jahre danach haben wir Freunde von damals ein Konzert als Hommage geplant, sein Tod hat dem Projekt den Boden entzogen. Dieses Lied sollte mein Beitrag zu dem Konzert sein – Jens Kommnick hat es arrangiert.

05 „Du bist nicht allein“ von Heinz Rudolf Kunze. Ich glaube, es war zu Heinz Rudolfs 50. Geburtstag, was schenkt man einem Kollegen? Einfach eines seiner Lieder, die er uns geschenkt hat. Ich habe mich mit diesem Mut spendenden, liebevollen Gute-Nacht-Lied für Menschen jeglichen Alters vor’s Mikrofon gesetzt, Manfred Leuchter hat einen Bass dazu gespielt, alles verpackt und verschickt, danke und Glückwunsch, Heinz Rudolf!

06 „Ma vie“ von Klaus Hoffmann. Noch ein Geburtstag, Klaus’s 60., gefeiert mit einem großen Konzert im Berliner Friedrichstadtpalast. Klaus beendet seine Konzerte immer mit „Mein Weg“, ich habe es übersetzt, und wir haben es zusammen gesungen, zugleich, deutsch-französische Freundschaft eben. Hier kommt das Lied allein daher, Hawo Bleich, Klaus’ musikalischer Begleiter, hat es für mich arrangiert.

07 „Vater“ (das ist der richtige Titel, „an Vater“ ist ein anderes Lied) von Gerhard Gundermann. Es ist immer zu spät, habe ich mal geschrieben, und das ist leider wahr, ich habe Gerhard Gundermann erst kennengelernt, als es zu spät war, um ihm meine Hochachtung und Zuneigung auszusprechen. Gerhard Gundermann hat uns nach seinem frühen Tod einen großen, kostbaren Schatz mit seinen Liedern hinterlassen. Dieses hier bewegt mich besonders. Ian Melrose und Manfred Leuchter begleiten mich.

08 „The Book of Love“ – von The Magnetic Fields. Das Lied ist mir vor Jahren in einem Film als Hintergrundmusik begegnet, ich habe danach gesucht und es in vielen verschiedenen Versionen gefunden, schöne und sehr schöne und eine absolut skurrile, die des Originalurhebers Stephin Merritt selbst. Ich finde, das Lied ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass die einfachsten Melodien mit den einfachsten Harmonien zugleich die schönsten sein können. Ich habe das Lied gern so für mich gesungen, irgendwann stimmte meine Tochter Victoria ein.

09 „Emily Anne“ von Colin Wilkie. Ich kenne und liebe das Folk-Urgestein Colin Wilkie seit einem halben Jahrhundert. Im Duett mit seiner Frau Shirley hat er ganze Generationen von jungen Leuten zu Folk-Song-Freunden erweckt und durch all die Jahre und alle Musikwandel bis ins Rentenalter begleitet. Als Colin selber „etwas älter“ wurde, haben wir seine Lieder für einen runden Geburtstag neu aufgenommen, um ihm mit seiner Musik zu seinem erfüllten Leben und seinem fabelhaften Lebenswerk zu gratulieren.

10 „Willst du dein Herz mir schenken“ von J. S. Bach. Ich singe zu Hause nie, jedenfalls nicht außerhalb meiner gut gedämmten Dichterstube. Wenn ich es dann doch einmal tue, kann ich sicher sein, Erstaunen, Sprachlosigkeit und größte Verwunderung meiner Lieben zu ernten. An einem Geburtstagsmorgen meiner Frau bin ich mit der Gitarre in Händen an ihr Bett getreten und habe ihr dieses Lied gesungen, es war ein Mördererfolg …

11 „Die zwölf Weihnachtstage“, Traditional. 1780 wird dieses alte englische Weihnachtslied zum ersten Mal erwähnt, ich kenne es aus der Zeit, als der BFBS, der englische Armeesender, unsere einzige Hoffnung im nachkriegsdeutschen Schlagerelend war. In den Tagen vor Weihnachten hatte man damals schon das Benefizmodell „Musikwünsche gegen Spenden“ erfunden. Man konnte sogar für eine entsprechende Spende eine Schallplatte, die man bescheuert fand, vom Diskjockey zerbrechen lassen. Ermutigt durch den Erfolg von „Willst du dein Herz mir schenken“ habe ich „The twelfe days of Christmas“ übersetzt und diesmal die ganze Familie mit ins Studio genommen.

12 „Abend“ von Selma Meerbaum Eisinger. Selma starb am 16. Dezember 1942 im deutschen Arbeitslager Michailowska. Sie wurde nur 18 Jahre alt. In ihrem kurzen Leben schrieb sie 57 Gedichte, die sie ihrer Freundin Renée Abramovici anvertraute. Renée gelang die Flucht und sie brachte Selmas handgeschriebenen Gedichtband „Blütenlese“ in ihrem Rucksack auf abenteuerlichen Wegen in die Freiheit und nach Israel. Als David Klein und das World Quintett mich eingeladen haben, an einem Album mitzuwirken, in dem aus Selmas Gedichten Lieder werden sollten, habe ich mir „Abend“ ausgesucht, David hat die Musik geschrieben und mich begleitet.

13 „Jalalabad“ von I Muvrini. Die korsische Gruppe hat als typische World-Music-Band ihr Lied in allen Ländern, in denen es erschienen ist, mit einer Sängerin oder einem Sänger des jeweiligen Landes neu eingespielt. Die Gentlemen kannten mich „von damals“ und fragten, ob ich die Version für Deutschland mit ihnen aufnehmen wollte. Ich habe den deutschen Text dazu geschrieben.

14 „Das alte Fahrrad“ von Manfred Maurenbrecher. Und noch ein Geburtstag: Der junge Sangeskollege wird 60 und ich habe die Qual der Wahl, mir für ein Hommage-Album aus seinem großen Repertoire ein Lieblingslied auszusuchen. Ich hab mir dieses hier ausgewählt, weil ich dabei immer leibhaftig den alten Freund Manfred sein altes Fahrrad schieben sehe, ein schönes Bild voller Symbole für sein und mein und unser aller Leben.

15 „Schutzengerl“ von Ludwig Hirsch. Ich erinnere mich gern, wie ich manches Mal zusammen mit Ludwig in einem Programm aufgetreten bin, es war gut, ihn bei den Proben zu erleben und ihm beim Auftritt oder im Konzert zuzuhören, so ein begnadeter Dichter, Schauspieler und Sänger, und so ein menschen-, tier- und schöpfungsfreundlicher Kollege. Wie habe ich sein Lied vom Schutzengerl geliebt, ich hätte es ihm sagen sollen, ach, es ist immer zu spät …

16 „Le déserteur“ von Boris Vian. Vielleicht das erste Lied gegen den Krieg, das ich
bewusst gehört habe, aber ganz sicher eines der eindringlichsten und konsequentesten: „Mein Entschluss steht fest, ich werde desertieren, ich bin nicht auf der Welt, um Leute totzuschießen. Und ich werde allen Menschen sagen: Verweigert den Gehorsam, marschiert nicht mit, zieht nicht in diesen Krieg! Wenn denn Blut vergossen werden soll, dann vergießen Sie das Ihre, Herr Präsident!“ Dieses Lied vom Deserteur gehört zum Kanon der Lieder, die mein Leben begleiten.

Wo nicht ausdrücklich anders erwähnt, hat immer mein Freund Manfred Leuchter arrangiert, musiziert und aufgenommen.

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